Corpus Domini

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Die Nahrung derSeele

Sitivit in te anima. mea.

„Meine Seele dürstet nach Dir.“

1. In Dir, O Herr, lebt alles, und Du gibst jedem Ge­schöpf seine Nahrung. Oculi omnium in Te sperant -„Aller Augen warten auf Dich“. Den Tieren des Fel­des gibst Du Nahrung und Trank. Sie leben von Tag zu Tag, denn Du gibst ihnen von Tag zu Tag das Le­ben. Sobald Du ihnen das zum Leben Nötige vorent­hält, empfinden sie also gleich ihr Elend. Die Natur bestätigt diese Wahrheit, sie geraten alsbald in größte Not, stoßen Schmerzensschreie aus und laufen wild umher, um zu suchen, was ihnen fehlt. Uns aber, Dei­nen Kindern, hast Du eine andere Speise bereitet. Du, O Gott, der Du uns erschaffen hast, weißt, daß nichts unseren Hunger stillen kann als Du selbst, und darum hast Du Dein eigenes Sein uns zur Speise und zum Trank hingegeben. O anbetungswürdiges Geheimnis! Wunderbarste aller Wohltaten Gottes! Du, der Er­habenste und Schönste, der Stärkste und Süßeste, wuß­test gar wohl, daß nichts anderes unsere sterbliche Na­tur erhalten unser hinfälliges Herz stärken kann als nur Du selbst. Darum hast Du menschliches Fleisch und Blut angenommen, damit sie als Fleisch und Blut Gottes unser Leben seien.

2.     Welch überwältigender Gedanke! Du verfährst mit andern anders, für mich aber ist Gottes Fleisch und Blut mein einziges Leben. Ich müßte ohne diese Speise verschmachten. Doch muß ich nicht mit ihr und durch sie vergehen? Wie kann ich mich dazu vermessen, mich mit Gott zu nähren? O mein Gott, ich bin in großer Not – soll ich vorwärts oder rückwärts gehen? Ich will vorwärts gehen und mich Dir nahen. Ich will den Mund öffnen und Deine Gabe empfangen. Ich tue es mit großer Furcht und Scheu, aber was kann ich an­deres tun? Zu wem soll ich gehen, wenn nicht zu Dir? Wer kann mich retten außer Dir, wer reinigen außer Dir? Wer außer Dir kann mir den Sieg geben über mich selbst? Wer kann meinen Leib vom Grab erwecken außer Dir? Darum komme ich zu Dir in allen mei­nen Nöten, in Furcht, aber voll Glauben.

3. Mein Gott, Du bist mein Leben; wenn ich Dich ver­lasse, muß ich verschmachten. Die verlorenen Geister dürsten ewig in der Hölle, weil sie Gott nicht haben. Sie dürsten gegen ihren Willen, aus dem Bedürfnis ihrer ursprünglichen Natur. Ich aber, o mein Gott, wünsche mit besserem Verlangen nach Dir zu dürsten. Ich möchte angetan werden mit einer neuen Natur, die aus Liebe nach Dir verlangt, damit ich die Furcht, Dir zu nahen, überwinde. Ich komme zu Dir, o Herr, nicht bloß, weil ich ohne Dich unglücklich bin, nicht bloß, weil ich fühle, daß ich Dich brauche, sondern weil Deine Gnade mich zieht, Dich um Deiner selbst wil­len, Deiner Herrlichkeit und Schönheit wegen zu suchen. Ich komme mit großer Furcht, aber mit noch größerer Liebe. O möchte ich diese jugendstarke, frische und empfängliche Liebe zu Dir nie verlieren, wenn auch die Jahre enteilen, das Herz sich abschließt und alles zur Last wird! Laß Deine Gnade die Mängel der Na­tur bedecken! Tu um so mehr für mich, je weniger ich für mich selbst tun kann! Je mehr ich mich weigere, mein Herz Dir zu öffnen, um so stärker und zwingen­der seien Deine übernatürlichen Heimsuchungen, und um so wirksamer und siegreicher sei Deine Gegenwart in mir!